TramRegionBern - Ade!

TRB-So nicht!, ein Politabenteuer im Sommer-Halbjahr 2014

2014 war ein Jahr, das einer kleinen Gruppe von engagierten Bürgern und Bürgerinnen in Erinnerung bleiben wird. Nicht wegen einer Reise nach Irgendwo, nicht wegen Katastrophen oder Festen, nicht wegen Privatem, sondern wegen Politischem.
Denn knapp die Hälfte des zu Ende gehenden Jahres haben sie mit einem gesellschaftlichen Engagement verbracht; sie haben sich als ‚normale‘ (=zivile, nicht parteipolitisch organisierte) Bürger in ein grosses Geschäft der Politik eingemischt. 
Sie waren empört über die Dreistigkeit der von ihnen gewählten Volksvertreter, über ihre Köpfe hinweg gewichtige Entscheide zu treffen, die nicht nur einen liederlichen Umgang mit Steuergeldern aufzeigten, sondern in ihren Auswirkungen die Befindlichkeit aller Bürger und Einwohner der Stadt Bern betrafen.
Sie waren nicht einverstanden damit, dass alte Alleen, zu einem guten Teil vom ASTRA ins Inventar der historischen Verkehrswege der Schweiz aufgenommen, für den Bau einer miserabel geplanten und deshalb überteuerten Traminfrastruktur geopfert werden sollten, nur weil die kantonale Baudirektion und die Regionalkonferenz Bern-Mittellland entschieden hatten, dass die Buslinie 10 nach Ostermundigen durch ein Tram zu ersetzen sei. Und sie wollten nicht akzeptieren, dass die Berner Innenstadt zwischen Zytglogge und Hirschengraben, auf der sich jetzt schon Tramzüge stauen, mit einer weiteren Tramlinie belastet würde.
Sie begannen damit,  sich - wie das Bürger und Bürgerinnen immer sollten - zu informieren. Sie studierten Pläne, lasen Gutachten, schritten die geplanten Tramstrecke ab  und entdeckten dabei immer mehr, was ihnen verquer, falsch, problematisch schien. Zwar gab es, wie bei grossen Bauvorhaben vorgesehen, sogenannte Mitwirkungen; die aber beschränkten sich auf Nebensächliches. Die kantonale Baudirektorin sagte es laut und deutlich: „Wir wissen, was wir wollen: ein Tram, und wir wissen, wo es durchführen soll: über die jetzt vom Bus befahrene Linie 10. Ihr könnt euch noch zu Randsteinen und Gartenzäunen äussern."
Ab Anfang Mai rotteten sie sich zusammen, erst spontan und ungeordnet, dann in einem losen Komitee ("gegen diese Tramvorlage"), schliesslich in einer IG mit Vereinsstrukturen, in die auch die Bürgeropposition aus Köniz (IG Verkehr Köniz) und Ostermundigen (IG Verkehr Ostermundigen) eingebunden wurden. Es entstand die IG Tram RegionBern - So Nicht!, eine, wie sich herausstellte, kompakte und effizient handelnde Kraft. 
Von Mai bis Oktober dauerte der Kampf der Bürger gegen die Classe Politique und die Wirtschaftslobby, von den Mitteln her ein Kampf von David gegen Goliath. Die Gruppe hatte die Volksvertreter gegen sich, die von Rot-Grün unterwanderten zivilgesellschaftlichen Interessen-Gruppierungen, den gesamten Politifilz, und die Presse. Anfänglich wurde die Gruppe nicht ernst genommen, sondern belächelt und als ein Häufchen von „Tramwahnsinnigen" verspottet. Später dann immerhin zu Abstimmungspodien geladen und als ernstzunehmende Querdenker akzeptiert.
Dass die Finanzierung von Tram Region Bern in den Gemeinden Bern, Köniz und Ostermundigen in der Volksabstimmung eine klare Mehrheit finden würde, galt als sicher. An den Podien punktete TRB-So nicht! dann aber immer - die oppositionellen Bürger üerzeugten mehr als die Politiker/innen. Sie waren besser informiert und dokumentiert, wöhrend die Befürworter bestenfalls Teile des immer gleichen Propagandaskripts aufsagen konnten. Ihr Plakat, gestaltet vom renommierten Plakatkünstler Stephan Bundi (sein Amnesty International Plakat hängt im New Yorker Museum of Modern Art) schlug das JA-Plakat mit seinen eigene Waffen.  Ihre Postkarten und Inseraten-Sujets waren ebenfalls weit attraktiver und wirkungsvoller als jene der Befürworter.  

Die Gruppe fand immer mehr Unterstützung. Dass das Tram unbedingt durch die engsten Strassen geführt werden müsste, leuchtete immer weniger Leuten ein. Dass ein zusätzliches Tram in der Innenstadt den ÖV-Fluss verbessern würde, glaubte angesichts des täglichen Tramstaus bald niemand mehr. Dass der Bau eines Steigungstunnels auf die Rüti absurd sei, leuchtete vielen ein. Dass so viele Informationen als falsch oder tendenziös entlarvt werden konnten und die Kostentransparenz bis zuletzt nicht hergestellt wurde, fanden viele skandalös. Die Glaubwürdigkeit der Politiker/innen war nachhaltig ramponiert. 

Dennoch waren die rot-grünen Politikerinnen am Nachmittag des 28. September konsterniert. Verlieren fiel ihnen ungemein schwer. Vor allem die Berner Baudirektorin zeigte sich als schlechte Verliererin - s. Abstimmungskommentare unten auf der Seite TRB-Ade.

Als die SP Ostermundigen mit Unterstützung der Berner Baudirektion schon wenige Tage später eine Wiederholung der Tram.Abstimmung in Ostermundigen verlangte, erfuhr die Öffentlichkeit auch, um was es bei TRB wirklich ging: Nicht in erster Linie um eine Kapazitätserhöhung für den ÖV, auch nicht um die Erschliessung von neuen Siedlungsräumen,  schon gar nicht um eine Stärkung des Berner Wirtschaftsraums - all das hätte TRB nie und nimmer  leisten können, sondern um die Sanierung von Werkleitungen und Strassen, welche die Gemeinden Ostermundigen und Bern sich via TRB durch Kanton und Bund finanzieren lassen wollten!  Schliesslich war kurz vor Weihnachten von der kantonalen Baudirektion zu erfahren, dass die Bundesgelder bis 2027 für Tram Region Bern reserviert bleiben, eine Information, die von den TRB-Befürwortern bis zum Tag der Abstimmung immer bestritten worden war. Der Text auf dem NEIN-Plakat, "Tram Region Bern - Ein Spiel mit gezinkten Würfeln: Irreführende Behauptungen, Falsche Fakten, Falsche Berechnungen", erwies sich als völlig zutreffend, auch wenn der Regierungsstatthalter Bern-Mittelland die eingegangenen Abstimmungsbeschwerden, insbesondere jene über die bewussten Falschinformationen in der Abstimmungsbotschaft der Gemeinde Bern, nicht behandeln mochte. 
Das Verhalten der politischen Behörden, vorab unserer Volksvertreter, ist auch der Grund, weshalb trotz Abstimmungssieg ein bitterer Nachgeschmack zurückbleibt: Denn wenn Parlamentarier/innen nicht ihre Wählerschaft vertreten, sondern sich ganz in den Dienst ihrer Partei und deren Stimmführer/innen stellen, geht die gelebte Demokratie kaputt. 
Insofern kämpfte TRB-So nicht! nicht nur gegen ein schlechtes ÖV-Projekt, sondern auch für die Rechte der Bürger/innen im Staat.
 
23. 12. 2014/UDM
 
 
 
Postskript:
Wo bleibt eigentlich die Rückschau der JA-Seite? 
Gibt das Abstimmungsdebakel für die Behörden von Kanton und Gemeinden, für die Parlamentarier im Grossen Rat und in den Gemeinden, für BernMobil und für die Stimmführer im "Ja zum Tram" - Orchester keinen Anlass, Fragen zu stellen? 
  • Fragen zum Demokratie-Verständnis der Politiker/innen beispielsweise?
  • Fragen zu einem echten Berücksichtigen der Interessen der Betroffenen?
  • Zur Projekt-Planung - offen oder vorbestimmt?
  • Zum Umgang mit Kritik - nicht nur verbal, sondern tatsächlich ernstnehmen oder durch Gehirnwäsche ausschalten?
  • Zur Information der Stimmbürger/innen - sachlich und transparent oder irreführend und geschönt?
  • Zum Umgang mit Steuergeldern - verantwortungsvoll und nachvollziehbar oder liederlich und verschwenderisch? 
 

 

 

 

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